Wohnen für alle?
Durch steigende Miet- und Kaufpreise steigt in München der Kostendruck – auch für die Mittelschicht
München ist ein teures Pflaster. Vor allem beim Wohnen müssen die Münchner tief in die Tasche greifen. Die Mietbelastung anteilig am Einkommen steuert in der bayerischen Landeshauptstadt geradewegs auf die 30 %-Marke zu – ein Wert, der bei Experten als kritisch gilt und der deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. Alleinerziehende mit Kindern oder Alleinlebende in München haben der aktuellen SZ-Umfrage #MeineMiete zufolge diese Grenze längst überschritten: Wer für sich und ein oder mehrere Kinder alleine sorgt, muss im Mittel 37 % des Haushaltsnettoeinkommens fürs Wohnen ausgeben, bei Alleinlebenden liegt die Mietbelastung laut der Umfrage bei 31 %. Belastungen, die über das sozialverträgliche Maß hinausgehen. Wie aber soll die erklärte Münchner Mischung – also ein Wohnen für alle – weiterhin in der Stadt möglich sein?
Neubau-Eigentumswohnungen in München: 30 % Preissteigerung in zwei Jahren
Der aktuelle Halbjahresbericht des Münchner Gutachterausschusses bestätigt den kontinuierlichen Aufwärtstrend der Kaufpreise bei Eigentumswohnungen und Häusern. Zum Halbjahr 2018 liegen die Quadratmeterpreise für Neubauwohnungen in guten Lagen Münchens bei 8.150,– Euro. Wohnraum bleibt knapp, Zuzug und Nachfrage damit weiterhin auf hohem Niveau. Der Markt also ohne Chance auf Entspannung. Denn alle Prognosen sprechen dafür, dass sich die Rahmenbedingungen mittelfristig nicht ändern werden. Wer zu den Besserverdienenden oder Gutsituierten zählt, den wird das nicht weiter beunruhigen: Weil die eigenen vier Wände längst gekauft und abbezahlt oder günstig finanziert sind. Oder weil die Mietbelastung im Vergleich zum Einkommen in akzeptablem Verhältnis steht. Für die normal verdienende Mittelschicht und die Einkommensschwachen spitzt sich die Situation mehr und mehr zu.
Bezahlbarer Wohnraum – aber wo und wie?
2017 verzeichnete die Landeshauptstadt München 8.272 fertiggestellte Wohnungen und 13.475 abgesegnete Baugenehmigungen. Das sind Rekordwerte, auf die man stolz sein könnte – wären da nicht die Preisspirale und der wachsende Bedarf in der Isarmetropole, der von Experten bei 14.000 Wohneinheiten jährlich gesehen wird. Durch die rasant steigenden Kauf- und Mietpreise wächst der Kostendruck – auch für die Mittelschicht. Wenn der Preis für eine neue 4-Zimmer-Wohnung oder ein gebrauchtes Reihenhaus schon an der Millionenmarke kratzt, wie soll sich eine Durchschnittsfamilie Wohnen in München noch leisten können, selbst wenn beide Eltern arbeiten? Wird München bald nur noch die Heimat von Top-Verdienern, kinderlosen Paaren oder Fami¬lien der Erbengeneration? Nein, sagt die Landeshauptstadt München und führt ihr wohnungspolitisches Handlungsprogramm „Wohnen VI“ ins Feld, mit dem ausreichend bezahlbare Wohnungen für alle Einkommensschichten geschaffen werden sollen. Für den Zeitraum 2017 bis 2021 werden für die Wohnungsbauförderung 1,04 Milliarden Euro bereitgestellt. Mit neuen Einkommensstufen wurden jetzt Förderungen im München Modell ausgeweitet.
Anhebung der Fördergrenzen beim Wohneigentum und Miete
Durch die neuen Einkommensgrenzen für die Kaufberechtigung im München Modell Stufe IV macht selbstgenutztes Wohneigentum für Normalverdiener möglich: Ein Paar mit einem Bruttoverdienst von ca. 58.500,– Euro jährlich kommt für EOF-Wohnraum ebenso in Frage wie eine Familien mit zwei Kindern, deren Bruttojahreseinkommen bei ca. 93.200,– Euro liegt. Diese Einkommensobergrenzen gelten auch im München Modell-Miete. Darüber hinaus will die Stadt mit dem Sofortprogramm „Wohnen für Alle“, das 2016 beschlossen wurde, den Bau von einkommensorientiert geförderten Wohnungen forcieren – bis 2019 sollen 3.000 Wohneinheiten entstehen, bei denen auch Familien mit geringem Einkommen, Auszubildende, junge Berufstätige oder anerkannte Flüchtlinge zum Zug kommen sollen.
Hoher Sozialwohnungsanteil durch die private Immobilienwirtschaft
Die entsprechend erforderliche Bereitstellung förderfähiger Wohnungen kommt nicht von der Stadt München allein. Zwar ist die Stadt mit ihren Wohnungsgesellschaften GWG und GEWOFAG stark im sozialen Wohnungsbau engagiert, ein wesentlicher Anteil wird aber auch im Zuge der entstehenden Wohnquartiere bereitgestellt, die private Bauträger, Wohnbauunternehmen und Projektentwickler realisieren. Diese erfüllen im Rahmen der SoBoN und jeweiligen Verhältnis zum Gesamtumgriff des Bauvorhabens selbstredend die vorgegebenen Quoten für Sozial- und Förderwohnungen, für Kindertageseinrichtungen und Grünflächen. Und auch in Zukunft sind die Herausforderungen, um Wohnen für alle sicherzustellen, nur gemeinsam möglich. Die einzige Lösung für bezahlbaren Wohnraum in München heißt: Bauen, bauen, bauen. Für alle.