Kolumne: Ist München zu teuer?
Ist München wirklich schon zu teuer?
Vor ein paar Wochen sorgte die Aussage einer Unternehmensberatung zum Betongold der „nördlichsten Stadt Italiens“ für Schlagzeilen: Münchner Immobilien würden für institutionelle Investoren zu teuer. Die Preise seien so hoch, dass es den professionellen Anlegern schwerfalle, überhaupt noch zu investieren. In der Rangliste der attraktivsten Städte Europas rutschte München gar vom vierten auf den zehnten Platz ab.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es für einen Abgesang auf die bayerische Landeshauptstadt zu früh ist. Im vergangenen Jahr wurden gewerbliche Immobilien im Wert von deutlich mehr als sechs Milliarden Euro verkauft. Es war das vierte Mal in Folge, dass der Markt diese Marke übersprang. In diesem Jahr dürfte das Ergebnis nicht viel anders aussehen.
Die Nachfrage nach Münchner Immobilien ist also nach wie vor ungebrochen. Das zeigt sich an den großen Verkäufen, an denen vor allem ausländisches Kapital beteiligt war. Bei den fünf größten Deals im Bürosektor 2018 kamen viermal keine deutschen Käufer zum Zuge. Das Correo Quartier der Postbank am Hauptbahnhof ging an die Schweizer Credit Suisse, das Oskar am Altstadtring kaufte die Swiss Life. Die Zentrale der BSH Hausgeräte in Neuperlach wechselte in einen koreanischen Staatsfonds und die früheren Siemens-Gebäude in der St.-Martin-Straße gehören nun der britischen Gesellschaft InfraRed Capital Partners.
Gerade für ausländische Investoren ist München keinesfalls zu teuer. Die Versicherungen, Pensionskassen und Staatsfonds sind oft von ihren Investments in London oder den asiatischen Metropolen noch deutlich geringere Renditen gewohnt. Ein möglicher Einbruch bei den Investments liegt also weniger an der Attraktivität Münchens; vielmehr fehlt es am Angebot.
Es ist zwar richtig, dass sich große internationale Investoren mittlerweile verstärkt auch in B- und C-Städten umschauen. Allerdings spricht immer noch einiges für München. Die große Branchenvielfalt in der Stadt, der ungebrochene Zuzug und die hohe Zahl an wirtschaftlich starken Unternehmen machten den Münchner Immobilienmarkt in der Vergangenheit weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen. Gerade in einer Zeit, in der die wirtschaftliche Entwicklung immer unsicherer wird, schätzen Investoren diese Stabilität.
Wenn Investoren zurückhaltender werden, muss das zudem kein schlechtes Zeichen sein. Im Gegenteil. Es kann vielmehr zu einer Beruhigung des Marktes führen und weitere Übertreibungen verhindern. Wenn sie anfangen, sich die Immobilien wieder genauer anzuschauen, und nicht mehr jeden verlangten Preis bezahlen, ist das ein Zeichen für eine Normalisierung.
Was die Beratungsgesellschaft einschränkend hinzufügt: Die Zurückhaltung der Investoren gilt längst nicht für alle Segmente. Für Wohnungen, Langzeit- und Studentenapartments sowie neue Wohnformen wie Co- und Mikroliving und natürlich im sozialen Wohnungsbau gebe es nach wie vor Bedarf. Wir sehen in diesen Segmenten ebenfalls noch erhebliche Chancen. Nicht nur für institutionelle Anleger, sondern auch für private Käufer.