Mobilität statt Beständigkeit – wie Coworking Spaces die deutschen Großstädte erobern
Lieber gemeinsam statt einsam. Im Arbeitsalltag 4.0 überholen kreative Teamplayer zurückgezogene Einzelkämpfer, sie tauschen Beständigkeit gegen Mobilität und feste Bürogemeinschaften gegen flexible Arbeitsplätze: Coworking Spaces sind zum Symbol der modernen Jobwelt geworden, sie stehen für Fortschritt, Freiheit und für das Ende der starren Konventionen in der Berufswelt.
Coworking Spaces setzen dabei nicht nur auf trendiges Design, sondern legen ihren Fokus neben einzelnen Arbeitsplätzen in Open Spaces vor allem auf großzügige Gemeinschaftsflächen und eine gemeinsame Ressourcennutzung. Eine besonders große Rolle für die Nutzer von Coworking Spaces spielen allerdings die „analoge Nähe“ zu den anderen Coworkern und der Community-Gedanke. Häufig ist hierzulande ein Hybridmodell zu finden, bei dem Coworking-Fläche mit Privatbüros kombiniert wird.
Inzwischen gibt es in allen deutschen Metropolen Coworking Spaces und auch kleinere Städte schwimmen schon längst mit auf der Trendwelle …
Arbeiten „all inclusive“
Coworker schätzen an ihrem modernen Arbeitsplatz vor allem die schöpferische Atmosphäre und den ständigen Austausch mit Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen und Unternehmen. Auch die zeitlich flexible und dadurch höchst effiziente Bereitstellung eines modernen Arbeitsplatzes mit „All-inclusive“-Service macht Coworking so attraktiv. Zum praktischen „Rundum-Sorglos-Paket“ der meisten Anbieter gehören neben Konferenzräumen und voll ausgestatteten Küchen auch Rezeption, Lounge, der Postservice und im Haus betriebene Cafés oder Restaurants.
Kaum ein Arbeitsmodell entspricht den „Digital Natives“, der Generation Y, mehr als die absolut flexiblen Coworking Spaces. Denn kaum etwas lieben die zwischen 1980 und 1995 geborenen Arbeitnehmer mehr, als bestehende Strukturen infrage zu stellen. Nach dem Motto „Was kann mein Arbeitgeber für mich tun?“ streben sie danach, sich aus allzu engen Mustern des Arbeitslebens zu befreien. Homeoffice, flexible Arbeitszeitenmodelle und eine individuelle Gestaltung bzw. Wahl des Arbeitsplatzes gehören da schon fast selbstverständlich dazu.
San Francisco als Vorreiter
San Francisco ist immer für eine Innovation gut! Keine Überraschung also, dass auch der erste offizielle Coworking Space hier eröffnet wurde. Der „frühe digitale Nomade“ Brad Neuberg beschloss im Jahr 2005, dass sein ständiges Umherziehen durch unzählige Cafés ein Ende haben muss. Als Selbstständiger brauchte er zum Arbeiten nicht viel mehr als seinen Laptop – eine Situation, die vielen seiner ebenfalls freiberuflichen Freunde nicht fremd war. Neuberg mietete daraufhin eine alte Hutfabrik an und legte somit den Grundstein für eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte – Coworking Spaces haben in der Zwischenzeit von San Francisco aus die gesamte westliche Welt erobert!
Der erste offizielle Coworking Space Deutschlands entstand 2009 in Berlin. Das betahaus etablierte sich schnell und wurde zum Inbegriff einer neuen, coolen und vor allem digitalen Generation.
Vielversprechendes Investment
Auch wenn diese zeitlich flexibel mietbaren Flächen aktuell nicht einmal ein Prozent des Gesamtflächenanteils am Büroimmobilienmarkt in Deutschland ausmachen, wird sich Coworking aller Voraussicht nach als feste Konstante auf dem Immobilienmarkt etablieren.
Immobilien für Coworking Spaces, die spezifische Anforderungen erfüllen müssen, sind auf dem Markt äußert rar gesät. Die Hauptproblematik besteht darin, dass „Coworking-Immobilien“ grundsätzlich extrem wandelbar und anpassungsfähig sein müssen. Jeder Mieter, jedes Start-up und jeder kreative Freelancer bringt andere Wünsche und Standards mit, die jeweils erfüllt werden wollen.
Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass immer mehr Coworking-Anbieter auf den Markt drängen und den Druck so noch erhöhen. In der Folge müssen die Angebote branchenspezifischer werden und durch weitere Extras oder Fokussierungen wie Inhouse-Fitnessstudios, Events, Kitas oder Ähnliches erweitert werden; eine Herausforderung, die gleichzeitig Potenzial und Gefahr darstellt. Auf der einen Seite müssen die Rentabilität und Bezahlbarkeit der Coworking Spaces gewährleistet werden, auf der anderen Seite stehen die hohen Ansprüche der Arbeitnehmer 4.0 sowie die ständig wachsende Konkurrenz am Markt.
Die wichtigsten Coworking Spaces in München
WeWork
Der Coworking-Riese WeWork zeigt die ganze Dimension des Trends: Im August bestätigte das US-Start-up, dass sich der japanische Medienkonzern SoftBank zu einem Investment in Milliardenhöhe entschieden hat. Damit wird das 2010 in New York gegründete Start-up schon jetzt höher bewertet als Twitter. WeWork vermietet inzwischen weltweit Coworking Spaces und Arbeitsplätze und ist unangefochtener Branchen-Star. Zusatzleistungen wie Businesstools zu Sonderpreisen oder kostenlose Getränke zählen hier zum selbstverständlichen Rundum-Service.
WeWork kommt nach München
Mit der Anmietung von rund 8.000 m² Fläche im OSKAR am Oskar-von-Miller-Ring wagt das Start-up jetzt auch den Schritt nach München. Erst Mitte Dezember hat sich das US-Unternehmen die repräsentativen Büroflächen in zentraler Lage in München gesichert. Ein weiterer Mieter im OSKAR ist seit letztem Jahr übrigens der Condé Nast Verlag. Erst 2016 wurde das Gebäude von Hines durch verschiedene bauliche Maßnahmen revitalisiert.
>> Infos zu Mietbeginn und Preisen folgen in Kürze
Mindspace
Das israelische Coworking-Unternehmen Mindspace wird im dritten Quartal 2018 bereits seinen dritten Standort in München eröffnen. Die Coworking Spaces am Viktualienmarkt und am Salvatorplatz werden ab nächstem Jahr durch eine dritte Dependance in der Herzogspitalstraße am Stachus unterstützt. Über sechs Etagen verteilt, werden im bislang größten Mindspace-Standort in Deutschland kleine und mittelgroße Unternehmen, Start-ups sowie Freelancer als Mieter erwartet.
Die Büroräume von Mindspaces sind rund um die Uhr geöffnet, Mieter werden sowohl durch die hauseigene Kaffeebar und regelmäßige Events als auch durch die lebendig-kreative Community stets mit gutem „Input“ versorgt.
>> Mindspace, Viktualienmarkt 8, Salvatorplatz 3, München
Preise: ab 450 €/Monat
Coming soon: Herzogspitalstr. 24, München
Design Offices
Ob kurzfristig ein „Working Space“, ein „Conference Space“ oder doch eher ein „Office Space“ für Gruppen benötigt wird: In den stilvoll eingerichteten Design Offices an mittlerweile vier Standorten in München sind dynamische Jungunternehmer und digitale Nomaden auf jeden Fall richtig. Arbeitsplätze können stunden- und tageweise oder fest gemietet werden.
Das Konzept der Design Offices ist hauptsächlich auf schicke Einzelbüros ausgerichtet, es gibt aber auch größere Coworking-Flächen. Das Service-Paket bei Buchung beinhaltet unter anderem WLAN, Druck- und Kopiertechnik. Büromaterialien sowie Parkplätze.
>> Design Offices, Arnulfpark, Arnulfbogen, Highlight Towers, Nove, Luise-Ullrich-Straße, München
Preise: ca. 9 €/Stunde – 450 €/Monat
Idea Kittchen
Auf rund 450 m² Fläche finden bei Idea Kittchen Freelancer und Gründer immer einen flexiblen Arbeitsplatz. Trennwände sorgen für mehr Konzentration, im Mietpreis enthalten sind Kaffee, Tee, Parkplätze und natürlich WLAN.
In der Idea Kittchen finden außerdem regelmäßig Seminare und Workshops statt, die zum inspirierenden Austausch mit der Coworker-Community anregen.
>> Idea Kittchen, Hansastr. 181, München
Preise: 20 €/Tag – 420 €/Monat
Werk1
Hier kann rund um die Uhr gearbeitet werden! Im Coworking Space Werk1 stehen sowohl ein Open Space als auch günstige Büros für Start-ups zur Verfügung. Pluspunkte sind die 24/7-Öffnungszeiten, Kaffee und WLAN gibt’s kostenlos. Kreative und Selbstständige finden im Werk1 zeitlich flexibel und zu relativ günstigen Preisen Raum zum Arbeiten. Eine aktive Community, das Gründer-Café und verschiedene Buchungsoptionen für die Räumlichkeiten machen diesen Coworking Space zum vielleicht „Start-up-freundlichsten Ort Münchens“.
>> Werk1, Grafingerstr. 6, München
Preise: 19 €/Tag – 149 €/Monat für Coworking-Fläche, Mieten für ganze Offices siehe Website
Combinat56
Arbeitsplatz nach Maß: Im Combinat56 bucht man seinen „Working Space“ entsprechend den individuellen Bedürfnissen. Ob alleine oder im Team, ob Einzelbüro oder Open Space – ein Anruf genügt und es kann losgehen. Selbstverständlich zählen schnelles WLAN, eine eigene Festnetzrufnummer, Drucker und Kopierer, Postfächer und repräsentative Räume, in denen beispielsweise auch Kunden empfangen werden können, zum All-inclusive-Paket bei Miete dazu. Ebenso gratis Kaffee.
>> Combinat56, Adams-Lehmann-Str. 56, München
Preise: 20 €/halber Tag – 350 €/Monat
Plattform „workthere“
Auf der von Savills am 11. Dezember 2017 gelaunchten Plattform „workthere“ werden Coworking Spaces unkompliziert vermittelt und angeboten. Die Experten des Immobiliendienstleisters möchten mit „workthere“ für mehr Transparenz am aktuell überquellenden Coworking-Markt sorgen. Die Anzahl der Anbieter auf dem deutschen Bürovermietungsmarkt wächst derzeit rasant. Große international agierende Player und Privatbüros konkurrieren hier inzwischen mit dem kleinen Café um die Ecke.
Savills sieht in Coworking nicht nur einen kurzfristigen Trend, sondern eine Entwicklung, die unser Arbeitsleben und -erleben nachhaltig verändern wird. Die Plattform „workthere“ will Savills in Europa, den USA und in Asien etablieren, in England und Irland existiert sie bereits seit einigen Monaten.
Lesetipp: Die Masterarbeit „Wissenstransfer im Coworking Space“ von Daniel Ebert gibt spannende Einblicke in den konkreten Nutzen gemeinschaftlich genutzter Arbeitsflächen und evaluiert Wissensaustausch und Lerneffekte in den innovativen Office-Lösungen der Coworker. Die Arbeit ist am Institut für Stadt- und Regionalentwicklung der Universität Bremen entstanden.