Büromarkt: Erholung auf hohem Niveau
Der Münchner Immobilienmarkt konnte im „Corona-Jahr“ 2020 die Höhenflüge der Vorjahre nicht wiederholen. Während bei Wohnimmobilien und Wohnportfolios eine ungebrochen rege Nachfrage herrschte, brach der Umsatz mit gewerblich genutzten Immobilien im Vergleich zum Vorjahr um rund die Hälfte ein. Vor allem gab es eine für Münchner Verhältnisse ungewöhnlich niedrige Zahl an Verkäufen großer Bürogebäude jenseits der Marke von 100 Millionen Euro.
Zustande kamen etwa der Verkauf der Münchner Bertelsmann-Zentrale mit 32.726 m² Fläche in Berg am Laim für 214 Millionen Euro an die Allianz Real Estate sowie die Projektentwicklung Perlach Plaza in Neuperlach mit insgesamt 30.000 m² Geschossfläche, die sich der Grünwalder Investment-Manager KGAL für rund 250 Millionen Euro sicherte.
Der Projektentwickler Allgemeine Südboden verkaufte zudem zwei Objekte: den ersten Projektabschnitt des ehemaligen Siemens- und Infineon-Standorts an der St.-Martin-Straße – das sogenannte Weiße Quartier mit insgesamt fast 30.000 m² Bürofläche – für 280 Millionen Euro an die Deka Immobilien sowie das projektierte Bürogebäude „Neue Balan Haus 27“ für rund 320 Millionen Euro an die Union Investment. Letztgenannter Verkauf ist einer der größten Münchner Einzeldeals des vergangenen Jahres.
Zurückhaltung prägte das Geschehen
Der Großteil des Marktgeschehens spielte sich in dem Bereich zwischen 25 Millionen und 100 Millionen Euro ab. Das führte unter dem Strich dazu, dass trotz der coronabedingten Zurückhaltung das Umsatzvolumen bei gewerblichen Immobilien mit rund 5 Milliarden Euro nur wenig unter dem langjährigen Durchschnitt lag. Auch wenn die bayerische Landeshauptstadt mit diesem Ergebnis im bundesweiten Vergleich hinter Berlin, Frankfurt und Hamburg im vergangenen Jahr nur Platz vier bei den Top-7-Städten einnahm, unterstrich München einmal mehr seinen Ruf als Markt, der auch in Krisenzeiten vergleichsweise stabil bleibt.
Ein Grund für den Rückgang war die herrschende Unsicherheit. Viele Eigentümer, die bereits Verkäufe geplant hatten, legten ihre Bemühungen vorübergehend auf Eis und zogen ihre Objekte vom Markt zurück. Sie hatten vor allem zu Beginn der Pandemie die Befürchtung, Preisabschläge in Kauf nehmen zu müssen. Dadurch verringerte sich das ohnehin oft sehr knappe Angebot am Münchner Markt weiter. Auch auf Investorenseite gab es zunächst eine deutliche Zurückhaltung.
Es ist zu erwarten, dass das Investitionsgeschehen im laufenden Jahr zunehmend an Fahrt aufnehmen wird. Ein erster Vorgeschmack war bereits der Verkauf des Bürogebäudes „Spektrum“ mit insgesamt 27.000 m² Mietfläche in der Landsberger Straße durch den britischen Investor Aviva für rund 140 Millionen Euro sowie der Kauf des Büroprojekts Mediaworks Munich mit rund 96.000 m² Fläche im Münchner Werksviertel durch den Projektentwickler Hines und die Fondsgesellschaft Union Investment für (laut Medienberichten) deutlich über 670 Millionen Euro.
Mitte Mai hat zudem die CommerzReal ihre von dem kürzlich verstorbenen Stararchitekten Helmut Jahn entworfenen Highlight-Towers mit einer Mietfläche von rund 85.800 m² an ein Joint Venture der Familienunternehmen Imfarr Beteiligungs GmbH und SN Beteiligungs GmbH veräußert. Im Vorfeld wurde über die Summe von rund 700 Millionen Euro spekuliert. Der tatsächlich erzielte Kaufpreis ist aufgrund einer Vereinbarung beider Vertragsparteien nicht bekannt.
Ein weiterer Großabschluss ist derzeit noch in Vorbereitung: Der Staatsfonds Government of Singapore Investment Corporation (GIC) unternimmt einen erneuten Anlauf, um sich von seinem 2006 erworbenen Hochhaus Uptown Munich – aufgrund des Ankermieters auch als „O2-Tower“ bekannt – zu trennen. In Marktkreisen heißt es, dass sich die Eigentümer einen Erlös von 600 Millionen Euro erhoffen.
Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten verlagerte sich der Fokus der Investoren im vergangenen Jahr zunächst auf Core-Objekte, die mit lange laufenden Mietverträgen Sicherheit bieten. Mittlerweile sind auch ausgesuchte Value-Add-Objekte mit Leerstand und Instandhaltungsrückstand wieder auf der Einkaufsliste. Bei diesen Objekten wird ein besonderes Augenmerk auf die Drittverwendungsmöglichkeit gelegt.
Der Verkauf des Einkaufszentrums „Motorama Ladenstadt“ in der Rosenheimer Straße für fast 90 Millionen Euro durch das israelische Immobilienunternehmen Gazit Globe an ein Joint Venture und nicht zuletzt die oben genannte Investition in das Mediaworks mit starkem Renovierungsbedarf und Ausbaupotenzial zeigen, dass Investoren langfristig nicht mit einem Rückgang der Preise und Mieten auf dem Münchner Markt rechnen. Im Gegenteil: Der neue Eigentümer der Motorama Ladenstadt – Marktkreisen zufolge handelt es sich dabei um den US-Investor Angelo Gordon – will die Immobilie modernisieren und nachverdichten. Und auch Union Investment und Hines werden kräftig investieren und planen ein umfassendes Refurbishment des Büroprojekts Mediaworks Munich: Es soll zu einem modernen Campus mit dem Schwerpunkt auf nachhaltigen Büroflächen entwickelt werden. Kostenpunkt: über 1 Milliarde Euro.
Büromieten: kein großer Einbruch
Dennoch herrschte zumindest im Pandemie-Jahr kurzzeitig Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Mieten, sodass sich Unternehmen insbesondere bei der Anmietung größerer Flächen auffallend zurückhielten. Der Umsatz mit Büroflächen ging gegenüber dem Vorjahr um etwa ein Viertel auf etwa 560.000 m² zurück. Im Vergleich mit den anderen Großstädten fiel der Rückgang damit sogar noch moderat aus.
Vermieter müssen bei den Mieten derzeit noch keine großen Abstriche machen. Die Spitzenmiete liegt konstant bei etwa 40 Euro pro m². Die Durchschnittsmiete ist im Vergleich zum Vorjahr noch mal leicht auf etwas mehr als 21 Euro pro m² angestiegen. Gestiegen sind allerdings auch die Zugeständnisse an mietfreie Zeiten oder Zuschüsse zu Umbauten (Incentives).
Gleichzeitig gingen die Zahl der Untervermietungen und der Leerstand deutlich in die Höhe. Von einer ungesunden Marktentwicklung kann man dennoch nicht sprechen. Zunehmender Leerstand lässt sich am ehesten in den Randlagen und im Münchner Umland feststellen. Im Stadtgebiet beträgt der Leerstand trotz eines leichten Anstiegs nach wie vor unter drei Prozent, in den Kernlagen innerhalb des Mittleren Rings sind immer noch weniger als zwei Prozent der Flächen kurzfristig verfügbar. Die Fertigstellungen der nächsten Monate werden den Leerstand auf dem niedrigen Niveau weiter ansteigen lassen. Von einem gesunden Leerstand, der allgemein bei rund fünf Prozent gesehen wird, ist München dennoch weit entfernt.
Vielmehr könnten Unternehmen, die bisher ihre Umzugspläne aufgrund der fehlenden Flächen nicht verwirklichen konnten, die Chance nutzen. Damit dürften vor allem ältere Immobilien am ehesten einen zunehmenden Leerstand verzeichnen und die Eigentümer zu Modernisierungsmaßnahmen oder einer Umwidmung zwingen. Auf den Gesamtmarkt gesehen dürften die Mieten in nächster Zeit eher konstant bleiben.