EU-Sanierungspläne für Gebäude – gemischte Reaktionen in der Bauwirtschaft
Mitte März stimmte das EU-Parlament für strenge Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden. Die Baubranche reagiert gemischt auf die Vorhaben.
Die Europäische Union arbeitet seit 2021 an einer Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) – die geplante Gesetzesänderung des Klimapakets „Fit for 55“. Ziel ist es, die Netto-Treibhausgasemissionen in den Mitgliedsstaaten bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken und unabhängiger von Energielieferungen aus Russland und Übersee zu werden.
Modernisierungspflicht soll kommen
Eine deutliche Mehrheit der EU-Parlamentarier hat sich deshalb Mitte März für strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Wohngebäuden innerhalb der Europäischen Union ausgesprochen. Die EU-Kommission schätzt, dass die bestehenden Gebäude für 36 Prozent der CO2-Emissionen und 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich sind. Um den Wert zu reduzieren, soll es eine Modernisierungspflicht geben.
Historische Gebäude ausgenommen
Dabei sollen die Gebäude in Energieeffizienzklassen eingeteilt werden, ähnlich der Einteilung von Elektrogeräten. Die Skala reicht dabei von A bis G, wobei G den schlechtesten Wert darstellt. Sie sollen zuerst saniert werden. Laut EU-Kommission betrifft dies rund 30 Mio. Gebäude in der Europäischen Union. Wie viele in Deutschland betroffen sein werden, ist noch nicht klar. Es handele sich laut Kommission um die 15 Prozent jener Gebäude eines Landes, die am ineffizientesten seien. Davon ausgenommen sind „historische Gebäude“.
Bis 2030 sollen alle Wohngebäude mindestens die Klasse E erreichen, bis 2033 mindestens die Klasse D. Neu errichtete Gebäude dürfen nach diesen Plänen ab 2028 nur noch als Nullemissionshäuer gebaut werden.
Die Baubranche reagiert gemischt auf diese Vorhaben, die noch nicht endgültig beschlossen sind und noch mit den EU-Staaten abgestimmt werden müssen.
„Absurde Pläne“
Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, bezeichnet die Pläne als „absurd“ und „realitätsfern“, da die Zeitspanne viel zu kurz sei und es zudem an Material und Handwerkskapazitäten fehle. Zudem befürchtet er, dass der Wettbewerb um Handwerker die Preise weiter in die Höhe treibe. Der Verband rechnet in Deutschland mit jährlichen Investitionen von 125 Mrd. Euro.
Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB), mahnt, Eigentümer und Bauwillige nicht zu überfordern, sonst gehe der „Schuss nach hinten los“ und fordert entsprechend wirksame Förderprogramme.
Hausbesitzer nicht überfordern
Als „großen Schub“ für das Bauen im Bestand hat der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie BDI, Tim-Oliver Müller, die Sanierungspflicht bezeichnet. Er mahnt aber, Planungssicherheit zu gewährleisten und Hausbesitzer nicht zu überfordern. So müsse klar sein, welche Gebäude in welchem Zeitrahmen betroffen sind.
Der Verband fordert zielgerichtete finanzielle Unterstützung sowie technische und administrative Hilfestellungen der Politik zur Umsetzung und rät dazu, ganze Wohnquartiere in den Blick zu nehmen, die sich im Rahmen von Lösungen des seriellen Sanierens ertüchtigen ließen.
Hintergrund: die Pläne des Europäischen Parlaments im Überblick
- Der Bestand soll nach Energieeffizienzklassen eingeteilt werden. Gebäude mit der schlechtesten Klassifizierung müssen zuerst saniert werden.
- Bis 2033 sollen sämtliche Gebäude in der EU eine höhere Effizienzklasse erreichen und bis 2050 klimaneutral sein.
- Ab 2028 sollen nur noch Gebäude gebaut werden dürfen, die als „emissionsfrei“ gelten.
- Die Kreditanstalt für Wiederaufbau rechnet für Deutschland mit Kosten von insgesamt 254 Mrd. Euro.
- Es soll Förderprogramme geben. Die genaue Ausgestaltung ist noch nicht geklärt.
- Die Pläne sind noch nicht endgültig beschlossen. Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen noch über die endgültige Form dieser Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie verhandeln.
Lesen Sie hier ein Statement von Thomas Aigner zur EU-Sanierungspflicht.