Streitthema „Schimmel in der Wohnung“: Wer haftet?
Störender und gesundheitsgefährdender Schimmel in einer Mietwohnung gehört zu den häufigsten Streitfällen zwischen Vermietern und Mietern. Zwar ist Schimmel eindeutig ein Mietmangel, nicht eindeutig ist allerdings oft, ob Vermieter oder Mieter für die Folgen eines Schimmelbefalls haften müssen. Wir haben die wichtigsten Urteile der Gerichte und einige wertvolle Tipps für Vermieter zusammengestellt.
Mögliche Ursachen für Schimmel: nicht ausreichende Lüftung der Wohnung; die Möbel stehen zu nahe an den Wänden, sodass die Luft nicht zirkulieren kann; mangelhafte Bausubstanz; Fehler bei Sanierungsarbeiten; Wasserschaden.
Die Rollen bei Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern sind dann meist klar verteilt: Mieter sehen die Ursache in Baumängeln der Wohnung. Vermieter gehen davon aus, dass die Mieter nicht richtig heizen oder lüften.
Die Rechtsprechung ist umstritten
In der Rechtsprechung ist trotz zahlreicher Urteile zu Feuchtigkeitsschäden bislang nicht eindeutig geklärt, wer die Verantwortung und die Kosten zu tragen hat. In der Regel wird zuerst geklärt, ob ein Baumangel vorliegt. Liegt ein solcher nicht vor, prüfen Sachverständige, ob der Mieter regelmäßig richtig lüftet und heizt.
Wie oft und wie lange sollten Mieter lüften?
Laut eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. VIII ZR 182/06) aus dem Jahr 2007 ist ein viermaliges Stoßlüften während des Tages für den Mieter absolut zumutbar. Das Landgericht Frankfurt am Main sieht es als ausreichend an, wenn morgens und abends ein- bis zweimal und nach der Rückkehr aus der Arbeit sowie vor der Nachtruhe die Wohnung gelüftet wird (LG Frankfurt am Main, Az. 2-17 S 89/11). Eine baubedingte Lüftungsanforderung von sechs Entlüftungen sei hingegen unzumutbar für den Mieter, urteilte das Landgericht Berlin (LG Berlin, Az. 65 S 400/15).
BGH-Urteil von 2018 nimmt Mieter bei Schimmel in die Pflicht
Es hätte ein Grundsatzurteil werden können, über das sich viele Mieter gefreut hätten. Doch es kam anders. Nach diesem Beschluss sind auch Mieter verstärkt in der Pflicht, alles zu tun, um Schimmelprobleme zu vermeiden.
Verhandelt wurde der Fall von Mietern zweier Wohnungen aus Glinde bei Hamburg. Deren 1968 und 1971 erbauten Wohnungen entsprachen nicht mehr heutigen Standards, etwa in Sachen Wärmedämmung. Und so kam es zu Schimmel. Die Vorinstanz, das Landgericht Lübeck, hatte sich hinter die Mieter gestellt. Tatsächlich begünstigten Baumängel, sogenannte Wärmebrücken, die Schimmelbildung. Selbst bei regelmäßigem Lüften könnten die Mieter das Problem nicht beheben. Schon ein Schimmelrisiko durch solche baulichen Gegebenheiten könne ein Mangel sein, der Mieter dann auch zur Minderung ihrer Miete berechtigt. In einem der beiden Fälle sollte der Vermieter sogar einen Kostenvorschuss von 12.000 Euro zahlen, damit eine Innendämmung angebracht werden könne.
Dabei war klar, dass die Wohnungen zum Bauzeitpunkt den geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben entsprachen. Aber, so die Richter der Vorinstanz, Mieter dürften einen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ erwarten, der den heutigen Maßstäben gerecht werde. Von ihnen könne nicht erwartet werden, dass sie ihr Schlafzimmer auf mehr als 16 Grad und die übrigen Zimmer auf mehr als 20 Grad beheizen. Ein Querlüften („Durchzug“) sei ebenso keine Pflicht. Ein zweimaliges Stoßlüften von bis zu zehn Minuten am Tag sei alles, was Vermieter einfordern dürften.
Doch all diese Regeln erkannten die BGH-Richter nicht an: Mängel, die aus zumutbaren Lüftungsintervallen und selbst aufgestellten „Grundsätzen zeitgemäßen Wohnens“ hergeleitet würden, seien mit dem geltenden Recht nicht vereinbar (Az. VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18). Hier seien völlig einseitig Mieterinteressen berücksichtigt worden. Es sei letztlich ein neuer Mangelbegriff geschaffen worden, der für eine nicht sanierte oder grundlegend modernisierte Altbauwohnung quasi einen Neubaustandard einfordere. „Dies ist ersichtlich rechtsfehlhaft“, so die BGH-Richter.
Wärmebrücken in Außenwänden seien nicht als Mangel einer Wohnung anzusehen, wenn diese zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes allen geltenden Vorschriften und Normen entsprach. Nur eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Wohnung vom vertraglich vorausgesetzten Zustand rechtfertige eine Mietminderung. Im konkreten Fall habe es die nicht gegeben. In den Jahren 1968 und 1971 habe noch keine Pflicht bestanden, Gebäude mit einer Wärmedämmung auszustatten.
Auch beim Lüften nahmen die BGH-Richter Mieter in die Pflicht. Wie oft und lang gelüftet werden müsse, hänge immer vom Einzelfall ab. Im verhandelten Fall hätte es laut einem Sachverständigen gereicht, zwei Mal am Tag rund 15 Minuten stoßzulüften oder drei Mal am Tag rund zehn Minuten. Solch ein Lüften sei keinesfalls generell unzumutbar, so die Richter.
Unser Tipp: Geben Sie neuen Mietern beim Einzug einen kleinen Leitfaden zum richtigen Lüften an die Hand.
Stoßlüften ist das A und O. Es ist deutlich effektiver, als das Fenster dauernd auf Kipp zu stellen, und sorgt für einen schnellen Luftaustausch.
- Lüften Sie am besten morgens nach dem Aufstehen und abends vor dem Zubettgehen. Sollten Sie sich viel in der Wohnung aufhalten, zum Beispiel aufgrund eines Homeoffice, lohnt es sich, den Raum zusätzlich alle paar Stunden kurz zu lüften.
- Beim Stoßlüften öffnen Sie alle Fenster weit und sorgen im Idealfall für Durchzug. Lassen Sie die Fenster rund fünf bis zehn Minuten geöffnet und schließen Sie diese dann wieder. Achtung: Bei sehr kalten Temperaturen reichen oft auch wenige Minuten aus.
- Tipp: Häufig lüften Haushalte mit Kleinkindern oder Haustieren, wie zum Beispiel Hauskatzen, deutlich selten die Wohnung. Grund ist, dass beim Stoßlüften erhöhte Gefahr für Kind und Tier besteht, da alle Fenster geöffnet sind. In einem solchen Fall sollten Sie die Kinder in einen separaten Raum bringen, den Sie erst im Anschluss lüften. Gleiches gilt für Haustiere.
- Im Übrigen sollte nach dem Baden oder Duschen direkt stoßgelüftet werden.
Richtig Lüften ist wichtig. Dabei sollten Sie aber keinesfalls das Heizen vergessen.
- Lassen Sie Räume niemals völlig auskühlen, denn das ist kontraproduktiv im Hinblick auf feuchte Wände.
- Während des Stoßlüftens können Sie die Heizung zwar abstellen, aber da die Lüftung so wenig Zeit beansprucht, ist das kein Muss. Grund: Anders als beim Lüften durch gekippte Fenster schwindet die Wärme im Raum nicht so stark.
- Damit die Wände nicht komplett auskühlen, können Sie sich ein Hygrometer anschaffen. Es misst die Luftfeuchtigkeit im Raum und zeigt Ihnen an, wann Sie genug gelüftet haben. Eine ideale Luftfeuchtigkeit liegt vor, wenn das Hygrometer zwischen 40 und 60 Prozent misst.
Lassen Sie sowohl die Waschmaschine als auch die Spülmaschine während einer längeren Abwesenheit einen Spalt weit offen. So kann die Restfeuchte aus den Geräten entweichen und sich kein Schimmel bilden. Auch sollten die Maschinen regelmäßig gereinigt werden – inklusive Gummidichtung an der Tür.