Großfusion auf dem Wohnungsmarkt bahnt sich an
Im dritten Anlauf soll es nun funktionieren: die Übernahme des Deutsche-Wohnen-Konzerns durch die Vonovia. Der am Pfingstwochenende vorgestellte Plan kam für viele überraschend. Vonovia hat den Aktionären der Deutsche Wohnen ein Übernahmeangebot unterbreitet und lässt sich das 18 Mrd. Euro kosten. Damit die Übernahme zustande kommt, muss mindestens die Hälfte der Anteilseigner das Angebot annehmen und ihre Papiere an Vonovia verkaufen. Der Zusammenschluss der beiden Immobilienkonzerne zu Europas größtem Vermieter mit einem Bestand von dann 550.000 Wohnungen im Wert von mehr als 80 Milliarden Euro und einem Börsenwert von 48 Milliarden Euro steht zudem noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Kartellbehörden.
Berlins Bürgermeister begrüßt die Pläne
In einer Pressekonferenz äußerte sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu der Fusion und betonte, dass es bei Mieten und Wohnen um ein Grundrecht und soziale Gerechtigkeit gehe. Berlin habe in diesem Bereich viel gemacht, man brauche aber auch Partnerschaften. Die beiden Konzernchefs Rolf Buch und Michael Zahn kündigten indes an, die Mietsteigerungen für die Berliner Wohnungen für drei Jahre auf ein Prozent und bis 2026 auf den Inflationsausgleich zu begrenzen. Zudem sollten Mieter bei Modernisierungen lediglich mit zwei Euro pro Quadratmeter beteiligt werden. Vonovia will darüber hinaus 20.000 Wohnungen für gut zwei Milliarden Euro an die kommunalen Wohnungsgesellschaften der Stadt Berlin verkaufen – ein Angebot, das Müller sehr begrüßte. Damit werde Druck aus der angespannten Mietsitutation genommen: „Das ist echter Einfluss auf den Mietmarkt.“
Kritisch äußerte sich Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Eine Fusion der beiden größten privaten Immobilienkonzerne Deutschlands ist problematisch, da es dadurch weniger Wettbewerb geben dürfte und die Marktmacht des neuen Konzerns noch stärker wird.“ Bereits jetzt hätten beide Konzerne in vielen Regionen einen erheblichen Einfluss auf den Wohnungsmarkt, sowohl auf Mietpreise als auch auf Kaufpreise. Fratzscher vermutet, „dass das Kartellamt dies ähnlich kritisch sehen wird und daher die Chancen für eine Fusion nicht sehr hoch sind.“
Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft, sieht als Hauptgrund der Fusionspläne jedoch nicht die marktbeherrschende Stellung, sondern die derzeitige Politik. In einer Mitteilung heißt es: „Durch politische Interventionen entstehen Risiken für die Unternehmen, die tendenziell für große Marktteilnehmer besser zu bewältigen sind als für kleine Unternehmen oder Privateigentümer. Dabei haben die Unwägbarkeiten in den vergangenen Jahren noch einmal zugenommen: Sie reichen von Enteignungen bis zu weitreichenden Mietstopps und Einschränkungen bei der Umlagefähigkeit nach Modernisierungen.“ Er bewertet die Pläne insofern kritisch, als dass die angestrebte Fusion eher die „Spitze des Eisbergs“ sei und sich in Zukunft noch mehr Unternehmen zusammenschließen würden, um gegenüber Mietpreisregulierungen und anderen Eingriffen robuster zu sein. Seine Sorge: „Gerade Kleinvermieter werden so zunehmend aus dem Markt gedrängt, da sie in der Regel die größten Probleme haben, sich auf Änderungen im Regu-lierungsrahmen einzustellen.“ Das sei kritisch zu beobachten, da ein kleinteiliger Mietwohnungsmarkt ein vielfältiges Angebot sichere. Und gerade darin habe sich der deutsche immer von anderen Märkten unterschieden.
Für Mieter ändert sich erst mal nichts
Der Mieterbund reagierte mit Skepsis. Das Versprechen, die Miete in Berlin bis 2026 zu deckeln und die Belastungen für Mieter durch energetische Sanierungen zu begrenzen, seien Zusagen, „die zwar gut klingen, sich aber bei näherem Hinsehen zum Teil als Selbstverständlichkeiten entpuppen, die den Unternehmen wenig abverlangen“, so der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.
Für die Mieter ändert der Zusammenschluss, so er denn zustande kommt, erst mal nichts: Die bestehenden Verträge behalten ihre Gültigkeit.